vor kurzem hat sich trotz gegenteiliger Meteo-Blue-Voraussage doch ein astronomisches Fenster mit passabler Durchsicht ergeben. Die Seeing-Voraussage lag bei 1.5 Bogensekunden. Die Gelegenheit habe ich zu weiteren Tests und einer ersten Sternenaufnahmen genutzt. Als Equipment kam das 900/200mm-Newton mit der ASI 1600 MCC als Aufnahmeteleskop zum Einsatz. Für das Autoguiding mit PHD nutzte ich den TS-APO (f=317 mm) mit der ASI120MM. Auf der Querschiene ist noch eine DMK-Kamera mit 50 mm-Objektiv als elektronischer Sucher montiert. Das Gesamtgewicht liegt bei 15.7 kg. Zur Reduzierung der Belastung für die RA-Achse dient ein 5 kg-Gegengewicht. Die Polausrichtung war laut Driftanalyse von PHD mit 4.1 Bogenminuten nahezu perfekt.
Als erstes habe ich mich nochmals der Bestimmung des periodischen Fehlers gewidmet. Dazu habe ich den hellen Stern Beta Gemini nahe dem Meridian mit kurzer Belichtungszeit (0.1 s) 72 mal im Abstand von 10 s aufgenommen. Die Gesamtbelichtungszeit von 12 Minuten entspricht dann zwei Perioden a 360 s, wie sie im Datenblatt angegeben ist. Die Bilderserien einmal mit und einmal ohne Autoguiding habe ich dann ohne Verschiebung gestackt. Der Vergleich der beiden Sternspuren ist hier zu sehen.
Bei der Sternspur ohne Autoguidung sieht man eine starke Drift in RA mit einer überlagerten Oszillation. Mit den Verschiebungsdaten aus Fitswork wurden dann die folgenden Diagramme erstellt.
Im oberen Diagramm ist die RA-Drift dargestellt. Bei der unteren Darstellung ist die lineare Drift herausgerechnet und aus der Oszillation lässt sich der periodische Fehler abschätzen. Die Periode entspricht etwa der Datenblattangabe und die Amplitude liegt im Bereich von < +- 20 Bogensekunden. Das sind Werte, wie sie für die ähnliche Montierung ASI AM5 kommuniziert werden. iOptron veröffentlicht keine entsprechenden Werte. Vielleicht verwenden sie beide die gleichen Getriebe.
Woher kommt aber die lineare Drift? Ich vermute, dass es zu einer leichten Bewegung des Stativs kommt. Die RA-Achse ist ja nicht austariert und der Schwerpunkt liegt bei meiner Bestückung ca. 10 cm vom RA-Drehpunkt entfernt. Durch die Drehung rotiert der Schwerpunkt und führt zu einer unterschiedlichen Belastung der Stativbeine. Diese haben relativ weiche Gummifüße, vermutlich auch zur Vibrationsisolation, die sich dann unterschiedlich verformen können. Man kann die Gummifüße durch Stahldorne ersetzen, was möglicherweise diesen Effekt verhindert.
Auch mit Autoguiding ergibt sich keine scharfe Abbildung. Die Driftverschiebung liegt bei ca. 8 Bogensekunden in 12 Minuten und ist vermutlich durch Leitrohrshifting oder Spiegelverkippung verursacht. Bei meinen Verhältnissen belichte ich aber entweder 2 oder maximal 4 Minuten, wodurch der Effekt sich deutlich verringert. Durch Off-Axis-Guiding sollte dieser Effekt aber komplett wegfallen. Man muss sich auch mal die Größenordnung von 1 Bogensekunde veranschaulichen. Eine Scheibe mit 5 mm Durchmesser erscheint in 1000 m unter diesem Winkel!
Das waren jetzt eher grundsätzliche Untersuchungen. Im Endeffekt kommt es aber darauf an, wie sich das alles auf die Sternenabbildung im Bild auswirkt. Dazu habe ich 30 Aufnahmen mit einer Belichtungszeit von 120 s von der Umgebung von M95 und M96 gemacht. Das Autoguiding lief mit einer Belichtungszeit von 1 s. Die Bilder wurden mit DSS gestackt und die weitere Bildbearbeitung umfasst nur eine Streckung und eine Hintergrundreduktion. Da das Entrauschen mit Topaz-Denoise immer auch eine Schärfung beinhaltet, habe ich darauf verzichtet, um allein die Sternenabbildung zu beurteilen. Hier nun das Bild mit einer 3x-Ausschnittsvergrößerung, die doch eine gute Sternenabbildung zeigt.
Das PHD-Guidingprotokoll ist hier zu sehen.
Der gesamte Guidingfehler lag bei 1 Bogensekunde, was ungefähr einem Pixel bei der Newtonaufnahme entspricht. Da spielt sicher auch das Seeing eine Rolle. Deutlich kleinere Guidingfehler wirken sich sicher aber nur marginal aus. Die Datenanalyse mittels der Rückrechnung der Guidingbefehle zeigt einen Fehler von < +- 12 Bogensekunden in RA.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Eigenschaften der Montierung auch bei einer Belastung von über 15 kg meinen Erwartungen entsprechen. Sie eignet sich nicht für Aufnahmen mit langen Belichtungszeiten ohne Autoguiding. Dazu müsste man wohl zur deutlich teureren Variante mit Encodern greifen. Das wird aber auch bei der Beschreibung von iOptron so kommuniziert und ich setze für Langzeitaufnahmen immer Autoguiding (Leitrohr oder OAG) ein.
Zum Schluss noch eine Zugabe. Die Aufnahme eines aktuellen Sonnenflecks wurde mit einem 1000mm Bresser-Refraktor mit eingeschobener Coronado-PST-Einheit und der ASI120MM gemacht.
Gruß und CS
Christian