Gruselig: NGC 2805 (und als Zugabe M51)

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Stefan_Lilge
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Gruselig: NGC 2805 (und als Zugabe M51)

Beitrag von Stefan_Lilge »

Hallo,

NGC 2805 gehört zu der von mir erfundenen Klasse der Geister- oder Skelettgalaxien. Die zeichnen sich dadurch aus, dass nur Teile von ihnen über den Himmelshintergrund kommen, so dass sie wie das Skelett einer Galaxie aussehen, weil das "Fleisch" zwischen den Spiralarmen fehlt. Diese Galaxienklasse ist besonders für Großstadtfotografen geeignet, bei gutem Himmel bestünde die Gefahr, dass die fehlenden Teile doch sichtbar werden ;-)
Der einzige andere Vertreter dieser Gattung, der mir spontan einfällt, ist NGC 4395. Sachdienliche Hinweise auf weitere Kandidaten nehme ich gerne entgegen :-)

Links oben ist noch eine schöne Galaxiengruppe, in der zumindest NGC 2820 und IC 2458 vermutlich miteinander wechselwirken. Auch die dritte Galaxie (NGC 2814) und NGC 2805 selber sind laut Guide 9 alle grob in der gleichen Entfernung (ca. 80 Millionen Lichtjahre), bilden also tatsächlich physisch eine Gruppe.

Ich habe NGC 2805 sechs Nächte der vergangenen Schönwetterperiode jeweils als erstes Objekt belichtet und gut 12 Stunden Belichtungszeit gesammelt. Leider war die Transparenz in dieser Schönwetterperiode nur in einer Nacht gut, sonst schwankte es zwischen mäßig und schlecht. SQM-L bewegte sich so zwischen 18,6 und 19,1.

Aufgenommen auf meiner Berliner Dachterrrasse mit einem 10" Meade ACF bei 2050mm Brennweite auf CEM 60 Montierung, Trius SX694 Kamera, Lodestar Autoguider am OAG, 63x5 Minuten Lum, je ca. 28x5 Minuten RGB. Ich habe das Bild auf 80% verkleinert, was einen Abbildungsmaßstab von 0,59"/Pixel ergibt.

Bild

http://ccd-astronomy.de/temp16/2805colourkleingut.jpg
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Gruselig war auch M51, zumindest die Bedingungen, unter denen das Bild entstanden ist. Es ist aus der Nacht vom 28.03., die (wie die Nacht davor) so extrem schlechte Durchsicht hatte, dass "ernsthafte" Aufnahmen keinen Sinn hatten. Da die Ausrüstung aber noch auf der Dachterrasse stand, habe ich die EOS RP(a) ans Teleskop gehängt und auf M51 geschwenkt, bis die Wolken kamen. Die Nachführung war lustigerweise mit Sucher-Autoguider (ASI290 Mini am 9x50 Sucherfernrohr, gesteuert mit AstroArt), was für 2050mm Brennweite schon ganz sportlich ist. Hat aber ganz gut geklappt.

Ich habe angesichts des langsamen Öffnungsverhältnisses (f/8) bei ISO 800 fünfminütige Einzelbelichtungen gemacht, wobei ISO 200 sicher auch gereicht hätte. In der Galaxie ist aber auch bei ISO800 nichts ausgebrannt. Ich hätte mir farblich noch rote HII-Regionen gewünscht, aber die kamen nur heraus, wenn ich die Farbsättigung höher gedreht hätte, als das Bild verträgt. Schärfung und Entrauschen habe ich spaßeshalber mit Topaz DeNoise AI gemacht. Das ging ziemlich gut und vor allem schneller als mit AstroArt, wo ich es vermutlich nicht geschafft hätte, das Bild zu schärfen ohne das Rauschen zu sehr zu verstärken. Bei NGC 2805 hatte ich Topaz DeNoise AI auch probiert, da gefiel mir das Ergebnis mit AstroArt aber besser. M51 war aber auch deutlich verrauschter als NGC 2805. Für solche harten Fälle scheint das AI-Denoise gut geeignet zu sein.

Aufgenommen auf meiner Berliner Dachterrrasse mit einem 10" Meade ACF bei 2050mm Brennweite auf CEM 60 Montierung, EOS RP(a) 42x5 Minuten bei ISO 800, Bild stark gecroppt und auf 0,87"/Pixel verkleinert.

Bild

http://ccd-astronomy.de/temp16/M51-42x5cropkleingut.jpg
Viele Grüße
Stefan
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Josef
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Re: Gruselig: NGC 2805 (und als Zugabe M51)

Beitrag von Josef »

Immer wieder erstaunlich Stefan, wie Du es schafft sowas aus Deinem Himmel über Berlin zu saugen!
Gefällt!
Mit freundlichen Grüßen

Josef

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Edmund
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Re: Gruselig: NGC 2805 (und als Zugabe M51)

Beitrag von Edmund »

Hallo Stefan,

da auf Deine Galaxienbildern der Hintergrund immer etwas dunkler ist, ist es leichter Rauschen zu zu unterdrücken.
So allmählich mußt Du doch die meisten GX im Kasten haben?
Gruß und immer cs

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Stefan_Lilge
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Re: Gruselig: NGC 2805 (und als Zugabe M51)

Beitrag von Stefan_Lilge »

Vielen Dank Josef und Edmund!

@Edmund: Ich sehe immer zu, dass ich nicht versuche, mehr aus den Daten herauszuholen als drin ist. Wenn es also beim Strecken zu sehr rauscht, dann strecke ich halt nicht so viel.
In der Tat dürfte ich die meisten halbwegs hellen und von Berlin aus erreichbaren Galaxien über drei Bogenminuten inzwischen aufgenommen haben. Aber einige "unbearbeitete" gibt es am Frühlingshimmel schon noch und die meisten Bilder haben Verbesserungspotenzial :-) Im Frühjahr werden mir die Ziele jedenfalls nicht so schnell ausgehen, das ist für mich mit Abstand die spannendste Jahreszeit.
Viele Grüße
Stefan
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Re: Gruselig: NGC 2805 (und als Zugabe M51)

Beitrag von lange »

Hallo Stefan,

schicke Gals ich staune auch was so in Berlin mit F10 geht in der Schärfe auch noch, obwohl die Meade ACF von Wolfgang Rohr ganz schön kritisiert wurden.
Wäre echt gespannt wie der 10" ACF f/8 wäre.

Was ist eigentlich AI-Denoise?
--
Gruss Ralf
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Stefan_Lilge
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Re: Gruselig: NGC 2805 (und als Zugabe M51)

Beitrag von Stefan_Lilge »

Hallo Ralf,

ist ja mit Reducer f/8 und nicht f/10 ;-) Das ist allerdings auch nicht richtig "schnell".
Was das Meade ACF angeht habe ich bisher selber zwei Stück besessen und mit zwei weiteren in Namibia fotografiert und alle haben gute scharfe Bilder geliefert. Das waren allerdings alles f/10 Geräte. Die neueren mit f/8 interessieren mich extrem, aber mein 10" f/10 für ein paar Ocken zu verkaufen wäre mir zu schade.

Das gute an einer langen Brennweite ist, dass die Auflösung meist durch das Seeing begrenzt wird. Wenn das Seeingscheibchen größer ist als der Optikfehler, ist der Optikfehler nicht so schlimm. Bei kurzer Brennweite sind daher optische Mängel wesentlich störender, das habe ich 2019 eindrucksvoll erlebt, wo ich fünf kleine APOs gekauft habe, die allesamt deutliche optische Fehler zeigten.

Zu AI-Denoise könntest du nach "Topaz denoise AI" googlen. Das ist eine Entrauschungssoftware, die ich mir für "normale" Fotos (z.B. fliegende Vögel bei hohen ISO) gekauft habe. Da erzeugt sie extrem gute Ergebnisse. Die AI ist offensichtlich in der Lage zu erkennen, was Details sind (also erhalten werden muss) und was man ruhig plätten kann. Bei Vögeln kann man dann z.B. feinste Details in den Federn bewundern, die vorher im Rauschen untergingen. Normale Entrauschungsfilter würden diese feinen Details einfach mit entfernen. Bei Astro muss ich noch Erfahrungen damit sammeln, es gibt aber Bilder (z.B. den M51) die ich definitiv mit "normaler" Software nicht so hinbekommen hätte. Insbesondere weil man mit Topaz denoise AI auch gleichzeitig schärfen kann, ohne durch das Schärfen Rauschen zu erzeugen.
Das Programm braucht allerdings einige Hardware-Power, ich habe mir extra ein neues Gaming-Notebook gekauft, damit es läuft. Ohne halbwegs schnelle Grafikkarte (Untergrenze dürfte meine NVidia GTX 1650 sein) mit 4GB Grafikspeicher ist das nur etwas für extrem geduldige Menschen.
Viele Grüße
Stefan
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