Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

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AchimL
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Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

Beitrag von AchimL »

Hallo Astrogemeinde

Habe mal 2 Fragen, auf die ich so noch keine konkrete Antwort gefunden habe. Darum stelle ich sie mal hier.

Des Öfteren habe ich von "Hintergrundlimitiert" gelesen.

Nun, ich stelle mir darunter vor, das ab einer gewissen Belichtungszeit lediglich der Himmelshintergrund aufgehellt wird, und dadurch kein weiteres Nutzsignal des fotografierten Objektes erreicht wird. Dies sogar dadurch schlechter wird.

Ist dies so richtig??


Und als 2. Frage drängt sich mir dann auf:
Ab wann bin ich "Hintergrundlimitiert" oder genauer, woran erkenne ich das auf dem Einzelbild. ( Histogramm ??? )

Vielen Dank für Antworten.

Viele Grüße... AchimL
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Stefan_Lilge
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Re: Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

Beitrag von Stefan_Lilge »

Hallo Achim,
AchimL hat geschrieben: 29.06.2017, 20:46 Des Öfteren habe ich von "Hintergrundlimitiert" gelesen.

Nun, ich stelle mir darunter vor, das ab einer gewissen Belichtungszeit lediglich der Himmelshintergrund aufgehellt wird, und dadurch kein weiteres Nutzsignal des fotografierten Objektes erreicht wird. Dies sogar dadurch schlechter wird.
es ist so ziemlich genau anders herum als du es beschrieben hast ;-)

"Hintergrundlimitiert" nennt man es, wenn der Bildhintergrund so hell ist, dass das Kamerarauschen (Ausleserauschen, Dunkelstromrauschen) im Vergleich zum Photonenrauschen des Hintergrundes vernachlässigbar klein wird.
Wenn man von "hintergrundlimitiert" spricht, unterhält man sich also darüber, ob die Einzelbelichtungen lange genug waren, um aus der Gesamtbelichtungszeit das optimale Signal/Rauschverhältnis herauszuholen. Wenn man z.B. zehn hintergrundlimitierte Einzelbilder zu je fünf Minuten hat, ist deren Summenbild vom Signal/Rauschverhältnis her vergleichbar mit einer einzelnen Belichtung von 50 Minuten Dauer. Wenn die zehn Einzelbilder nicht hintergrundlimitiert waren, kann es z.B. sein, dass das Summenbild nur ein Signal/Rauschverhältnis hat, das einer 30-minütigen oder noch kürzeren Einzelbelichtung entspricht.

Es gibt keine verbindliche Definition dafür, wann das Kamerarauschen gegenüber dem Photonenrauschen vernachlässigbar klein wird, aber Mischa Schirmer hat einmal in einem Forum als denkbare Definition genannt, dass das Photonenrauschen mindestens drei mal größer sein muss als das Kamerarauschen.

Wann das der Fall ist, kann man am Histogramm alleine nicht ablesen, weil man dem Histogramm nicht ansieht, wie hoch das Rauschen ist und schon gar nicht, wie hoch der Anteil des Kamerarauschens am Gesamtrauschen ist. Es ist aber sicher ein gutes Zeichen, wenn der Histogrammberg deutlich vom linken Bildrand losgelöst ist.

Wenn du berechnen willst, wann du hintergrundlimitiert bist, musst du wissen, wie hoch das Ausleserauschen und Dunkelstromrauschen deiner Kamera ist. Das kannst du ermitteln, indem du eine Reihe (z.B. 20) Darks mit den Einstellungen und bei der Temperatur aufnimmst, die du auch für die "richtigen" Bilder verwenden willst. Aus den Darks bildest du durch Mitteln ein Masterdark. Dieses Masterdark subtrahierst du dann von einem der einzelnen Darks und misst von dem Ergebnisbild die Standardabweichung (die kann jede astronomische Bildverarbeitung in der Bildstatistik anzeigen). Falls deine Bildbearbeitungssoftware nicht mit negativen Werten umgehen kann, solltest du vor der Subtraktion vorsichtshalber dem einzelnen Dark eine Konstante (z.B. 500) hinzuaddieren, damit nichts von dem Rauschen abgeschnitten wird.
Damit hast du das Kamerarauschen für ein bestimmtes Szenario (also z.B. für 5 Minuten-Belichtungen bei ISO 800 und 15 Grad). Der Wert für das Rauschen hat erstmal keine bestimmte Einheit. Üblicherweise bezeichnet man solche einheitslosen Helligkeitswerte als ADU (analog-digital-unit).
Diesen ADU-Wert musst du dann in Elektronen umrechnen, was voraussetzt, dass du den Gain der Kamera kennst. Wie man den Gain misst ist für CCD-Kameras z.B. hier beschrieben:
https://www.cloudynights.com/articles/c ... mera-r1929
Bei DSLRs kann das schwieriger sein, weil die ja nie die echten Daten ausspucken, sondern immer nur ein vorverarbeitetes Bild.
Die Umrechnung mit dem Gain kannst du dir sparen, wenn du bei Unity Gain/Unity ISO fotografierst, wenn also 1 Elektron = 1 ISO ergibt. Wo Unity ISO liegt, ist für einige Kameramodelle auf dieser Seite angegeben (die Werte sind mit einer gewissen Unsicherheit behaftet):
http://www.photonstophotos.net/Charts/S ... istics.htm
Du könntest also für deine Kamera den Wert von Unity ISO nehmen (oder einen, der möglichst nah dran ist) und die oben beschriebene Berechnung ohne Berücksichtigung des Gain durchführen. Das gibt dir zumindest ein Gefühl dafür, in welcher Größenordnung die Einzelbelichtungen liegen sollten.

Wenn nun das Rauschen des Hintergrundes drei mal höher sein soll als das Kamerarauschen, muss das Kamerarauschen (die oben gemessene, in Elektronen umgerechnete Standardabweichung) mit drei multipliziert und dann zum Quadrat genommen werden (denn das Photonenrauschen des Hintergrundes ist die Wurzel aus der Helligkeit des Hintergrundes). Dieser Wert ist dann derjenige Hintergrundwert (nach Umrechnung in Elektronen), den deine Bilder nach Abzug eines Darks im Idealfall mindestens haben sollten (mehr schadet nicht).

Als Beispiel: Wenn du als Standardabweichung nach Subtraktion des Masterdarks von einem einzelnen Dark einen Wert von 10 Elektronen erhältst, muss das Photonenrauschen des Hintergrundes mindestens 30 Elektronen betragen. Damit muss der Hintergrund mindestens 30 zum Quadrat = 900 Elektronen hell sein. Wenn du also in den Lights einen geringeren Hintergrund hast, solltest du die Einzelbelichtungszeiten erhöhen. Wenn du darüber liegst, kannst du es so lassen oder die Einzelbelichtungszeit verringern, ohne dass das Gesamtergebnis schlechter wird (gleiche Gesamtbelichtungszeit natürlich vorausgesetzt).


Man muss auch darauf achten, dass die Kamera oder die Software die ausgelesene Bittiefe nicht irgendwie auf mehr Bit hochskaliert. Wenn du also eine Kamera hast, die Bilder mit 14 Bit Tiefe ausliest, die Bildverarbeitung dir aber anzeigt, dass die hellsten Pixel nicht einen Maximalwert von 16384 haben, sondern 65536, dann skaliert die Software die Bilder irgendwie hoch und du musst jeweils vor irgendwelchen Quadraten oder Wurzeln das ermittelte Rauschen durch vier teilen oder mit vier multiplizieren, um die Skalierung durch Kamera/Software rückgängig zu machen.

Hinweis: Man braucht die Astrofotografie nicht gleich aufzugeben, nur weil man es nicht schafft, hintergrundlimitiert zu sein. Wer z.B. mit einer Kamera mit Kadak/Truesense/ON Semiconductor Chip (also z.B. mit dem bekannten KAF8300) Schmalbandfotografie betreibt und nicht ein sehr schnelles Teleskop (z.B. f/4 o.ä.) oder sehr hellen Himmel hat, wird in der Regel nicht hintergrundlimitiert sein (es sei denn er macht einstündige Einzelbelichtungen). Gleiches gilt für eine ungekühlte DSLR in einer warmen Sommernacht. Trotzdem kann man unter diesen Voraussetzungen hervorragende Bilder machen, halt nur nicht ganz so gut wie sie wären, wenn sie hintergrundlimitiert wären.
Viele Grüße
Stefan
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Re: Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

Beitrag von AchimL »

Hallo Stefan

Ohhh, da habe ich als "Schmalspur-Astro-Foto-Knipser" aber ein Eisen angefasst, welches mir wohl ein wenig zu heiß ist... :eek:

Nein, nun mal im ernst.
Vielen Dank für diese Ausführliche und Gute Beschreibung der Zusammenhänge.
Ich hatte aus dem Begriff heraus gedacht, das es sich wirklich nur um Himmelshintergrund Aufhellung handelt.
So wie Du es mir (hier) beschrieben hast, steckt also wirklich viel mehr dahinter. Und ich konnte auch viele Dinge Nachvollziehen.

Hier im Forum kann man immer wieder dazu lernen und das finde ich gut ... :thumbsup: :thumbsup:

Viele Grüße... AchimL
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Stefan_Lilge
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Re: Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

Beitrag von Stefan_Lilge »

Hallo,

da mich gelegentlich Nachfragen zu dem Thema erreichen, will ich noch mal kurz einen einfacheren Weg zur Ermittlung der Hintergrundlimitierung beschreiben, bei dem man nicht erst den Gain bestimmen oder berücksichtigen muss. Ziel dabei ist es, zu ermitteln, ob bereits existierende Lights hintergrundlimitiert sind.
Dabei sind alle „Aktivitäten“ durch Nummerierung gekennzeichnet, die Erklärungen dazwischen sind ohne Nummerierung.
Hinweis: Bei Farbkameras muss alles mit nicht debayerten (also schwarzweißen) Rohbildern durchgespielt werden.

I. „Prinzip“ ohne Besonderheiten

1. Zunächst muss man (wie oben beschrieben) eine Serie Darks machen, die von Belichtungszeit, Temperatur, Gain und Offset her die gleichen Einstellungen hat, die man auch für die „richtigen“ Aufnahmen verwenden möchte.
2. Von einem einzelnen Dark subtrahiert man dann ein Master-Dark (aus allen Darks gemittelt).
3. Von diesem Dark ermittelt man in seiner bevorzugten Bildverarbeitungssoftware unter den Statistikfunktionen die Standardabweichung. Die Standardabweichung gibt das Gesamtrauschen der Kamera bei den gewählten Einstellungen wieder. Da ist also sowohl das Ausleserauschen als auch das Dunkelstromrauschen enthalten.
Vorsichtshalber würde ich das mit drei einzelnen Darks machen um sicher zu gehen, dass man kein Dark erwischt, das aus irgendeinem Grund vom Durchschnitt abweicht.
Diese Standardabweichung ist in ADU (Analog/digital unit) und hat keine bestimmte Einheit, ist also nur ein Zahlenwert. Wenn man den Gain der Kamera kennt, könnte man die ADU damit in Elektronen umrechnen, das muss man aber nur machen, wenn man verschiedene Kameras vergleichen will.

Wie oben beschrieben kann man (spätestens) davon ausgehen, dass die Lights hintergrundlimitiert sind, wenn sie drei mal so viel Rauschen haben wie die oben ermittelte Standardabweichung.

Das Kriterium „3x“ ist dabei nicht in Stein gemeißelt, 3x ist ziemlich streng. 2x reicht zur Not auch, wenn man bereit ist, mit (geschätzt) 90% der maximal denkbaren Qualität zu leben.

Wie es die Natur des Lichts halt so will ist mit jedem Lichtsignal ein Rauschen verbunden, das der Wurzel aus dem Signal entspricht. Wenn ich also z.B. ein Lichtsignal habe, das auf meinem Kamerachip 100 ADU Hintergrund erzeugt, ist diesem Signal ein Rauschen von Wurzel aus 100=10 ADU überlagert. Das ist übrigens der Grund, warum Lichtverschmutzung fotografisch störend ist. Das Problem mit Lichtverschmutzung ist nicht, dass sie irgendwie den Kontrast vermindert (das ist ein Problem der visuellen Beobachtung), sondern dieses zwangsläufig mit ihr verbundene Rauschen (Photonenrauschen). Bei der Astrofotografie wollen wir ja ein möglichst hohes Signal-Rauschverhältnis (S/N) und das mit der Lichtverschmutzung verbundene Licht erzeugt einen Rauschanteil, der sich nicht vom Rauschen des fotografierten Objekts unterscheiden lässt. Auf der oberen Seite des Bruchs (beim Signal) zählt hingegen nur das Licht des Objekts, das Signal der Lichtverschmutzung hilft uns hier nicht.
Wenn Licht nicht zwingend mit einem Rauschen verbunden wäre, wäre die Lichtverschmutzung einfach nur ein „Podest“ aus Helligkeit, das zu dem Licht des Objekts hinzuaddiert wird. Dann könnte man Lichtverschmutzung einfach „abziehen“, wie man das manchmal liest. Wegen des Photonenrauschens funktioniert das leider nicht.

Wenn man nun also 3x soviel Hintergrundrauschen haben will wie das Kamerarauschen, muss man
4. Die unter 3. ermittelte Standardabweichung mit 3 multiplizieren. Dann hat man also das Rauschen, das man mindestens in den Lights haben will. Um zu ermitteln, welchen Hintergrundwert in ADU die Lights haben müssen, um hintergrundlimitiert zu sein, muss man diesen Wert nun zum Quadrat nehmen (als umgekehrten Weg zu der Erkenntnis, dass das Photonenrauschen die Wurzel aus dem Signal ist).
5. Nun subtrahiert man von einem Light das Master-Dark und lässt sich in der Bildverarbeitung anzeigen, welchen Hintergrund in ADU ein Bereich des Bildes ohne Objekt darin hat. Also einen Rahmen um einen Bereich des Bildes ziehen, in dem weder Nebel noch helle Sterne sind und sich dann von der Software den Hintergrund (oder zur Not den Mittelwert) dieses Bereiches anzeigen lassen.
6. Der Hintergrund aus 5. muss mindestens so groß sein wie der unter 4. ermittelte Wert. Dann ist das Bild hintergrundlimitiert.

Zusammengefasst multipliziert man also die Standardabweichung eines Darks nach Abzug des Master-Darks mit 3, nimmt diesen Wert zum Quadrat und hat dann den Hintergrund in ADU, den ein Light nach Abzug des Master-Darks mindestens haben sollte.

Beispiel: Das mit Master-Dark kalibrierte Dark hat eine Standardabweichung von 5 ADU. Das mit Master-Dark kalibrierte Light muss also einen Hintergrund von mindestens (5 x 3) hoch 2 = 225 ADU haben, um hintergrundlimitiert zu sein.
Wie gesagt kann man statt „x3“ auch „x2“ rechnen, wenn man mit weniger als dem Optimum zufrieden ist.



II. Besonderheit bei Kameras mit weniger als 16 Bit Auslesung, die Bilder auf 16 Bit skalieren

Viele CMOS-Kameras bieten keine echten 16 Bit Datentiefe, sondern weniger. Trotzdem wird bei vielen Modellen eine 16-Bit Datei ausgegeben, indem die Daten mit einem Faktor multipliziert werden.
Das betrifft z.B. alle Kameras von ZWO ASI, die keine nativen 16 Bit-Chips haben. Eine ASI 1600 liefert nur 12 Bit, andere Kameras (etwas ASI 071, ASI 533, ASI 294 im Standardmodus) arbeiten mit 14 Bit. Trotzdem werden 16 Bit-Werte ausgegeben (das erkennt man daran, dass helle Stellen in Lights, z.B. Sterne, ADU-Werte bis 65535 erreichen). Eigentlich dürften bei 12 Bit Kameras nur Werte bis 4095 auftauchen, bei 14 Bit bis 16383.
Andere Kameras mit weniger als 16 Bit, z.B. die meisten Canon DSLRs (und DSLMs), skalieren die RAWs nicht auf 16 Bit, da sind die Besonderheiten aus diesem Abschnitt also nicht relevant, man kann sich mit dem Vorgehen unter I. begnügen.

Um die Daten einer 12 Bit Kamera auf 16 Bit zu skalieren, wird sie vom Treiber mit 16 multipliziert, bei einer 14 Bit Kamera multipliziert der Treiber die Daten mit 4. Diese Faktoren muss man in der oben kursiv geschriebenen Formel einmal vor dem Quadrat und einmal danach berücksichtigen. Durch das Quadrieren ist die Formel nicht linear, so dass es einen Unterschied macht, ob die Daten künstlich „aufgebläht“ sind.

Der unter I. genannte Berechnungsschritt 4 ist also anzupassen:
4. Die unter 3. ermittelte Standardabweichung durch den Faktor (16 bei 12 Bit oder 4 bei 14 Bit) teilen und mit 3 multiplizieren. Das Ergebnis zum Quadrat nehmen und dann wieder mit dem Faktor (16 oder 4) multiplizieren.

Beispiel für 12 Bit: Das mit Master-Dark kalibrierte Dark hat eine Standardabweichung von 80 ADU. Das mit Master-Dark kalibrierte Light muss also einen Hintergrund von mindestens (80:16 x 3) hoch 2 x16 = 3600 ADU haben, um hintergrundlimitiert zu sein.
Beispiel für 14 Bit: Das mit Master-Dark kalibrierte Dark hat eine Standardabweichung von 20 ADU. Das mit Master-Dark kalibrierte Light muss also einen Hintergrund von mindestens (20:4 x 3) hoch 2 x4 = 900 ADU haben, um hintergrundlimitiert zu sein.


III. Folgerungen

Wenn man feststellt, dass die gewünschten Hintergrundwerte nicht erreicht werden, ist das nicht weiter schlimm, solange das Ziel nicht allzu deutlich verfehlt wird (siehe Schlussbemerkung in meiner ersten Nachricht).
Um die Hintergrundlimitierung zu erreichen, kann man entweder die Belichtungszeit der Einzelbelichtungen erhöhen oder bei gleicher Belichtungszeit den Gain erhöhen, wenn ein höherer Gain laut Kamerahersteller zu weniger Ausleserauschen führt.

Bei modernen gekühlten Kameras ist das Dunkelstromrauschen meist sehr klein. Das Kamerarauschen wird daher im Wesentlichen vom Ausleserauschen bestimmt. Wenn man also z.B. feststellt, dass die Lights nur die Hälfte des gewünschten Hintergrundes haben, kann man einfach doppelt so lange belichten, ohne befürchten zu müssen, dass das Dunkelstromrauschen dadurch deutlich zunimmt. Anders sieht es bei ungekühlten Kameras aus (z.B. DSLR), da kann in warmen Sommernächten das Dunkelstromrauschen deutlich größer werden als das Ausleserauschen. Bei ungekühlten Kameras sollte man also in dem Beispiel die Belichtungszeit nicht einfach nur verdoppeln, sondern mit der verdoppelten Belichtungszeit noch mal nachmessen, ob es nun passt und ggf. die Belichtungszeit noch weiter erhöhen.
Viele Grüße
Stefan
Kevin1911
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Re: Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

Beitrag von Kevin1911 »

Hallo Stefan,

Ich bin begeistert! Vielen lieben Dank für die ausführliche Anleitung. Eine bessere habe ich noch nirgendwo gesehen! :respect: :thumbsup:

Viele Grüße und CS
Kevin
Frank
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Re: Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

Beitrag von Frank »

Hallo

Zum Glück gibt es auch Objekt Rauschen, und auch das Rauschen der Kamera hilft,
Weil wenn man 1ADU wie Stefan bemerkt zum hochskalieren auf 16 bit mit 4 multipliziert werden daraus 4 ADU
Dann hat man Helligkeitswerte von 4, 8,12,16,20.....ADU kein Pixel hat einen Wert dazwischen, das gibt ein verrauscht es Bild odel Zwiebel Muster. Erst das Rauschen der Einzelbilder führt über deren Varianz dazu diese Lücken zu füllen, wichtig ist auch möglichst viel Werte vom Objekt zu sammeln, also bis nahe obere Limit zu belichten.
Bildsignal zwischen 8000 und 50000 ADU ist immer besser wie zwischen 4000 und 25000 ADU
Auf das Objekt bezogen tun wir wohl meist stark unterbelichten, musst du nur mal die Helligkeit im hellstem und dunkelstem Bereich eines Nebels messen.
Ja ganz einfach erst das Rauschen eliminieren und dann das Hintergrundhelligkeitspodest weg😁
Gelingt leider nur annähernd, aber anders geht nicht.

Gruß Frank
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Re: Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

Beitrag von Edmund »

Hallo Stefan,

tolle Arbeit!!

Für diejenigen, die es mit einem Video anschaulich erklärt haben wollen, hier ist ein Video von Daniel der auch unseren Stefan erwähnt.
Gruß und immer cs

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Kevin1911
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Re: Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

Beitrag von Kevin1911 »

Hallo Zusammen,

ich habe jetzt mit 3 verschiedenen Dark Serien die Standardabweichung überprüft. Bei allen Einzel-Darks hab ich eine Standardabweichung von ca. 7-8 was bei meiner 14 Bit Kamera (ZWO ASI 071 MC Pro) dann einen ADU von grade einmal ca. 125 bedeutet. (Die Einzeldarks haben eine Std. Abw. von ca. 26 bevor ich das Master abziehe)

Kann das stimmen oder mache ich da was falsch?
Bel. 300s
-10°C bzw. -15°C (je nach Serie)
Gain 50 bzw. 60

Und danke für das Video, das hatte ich auch schon gesehen und anfangs auch genau so gemacht :) Hier wird aber nur mit 16Bit gerechnet und Daniel spricht leider nicht über die Umrechnung auf andere Bit Werte

Wünsche allen einen schönen Sonntag!
CS
Kevin
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Stefan_Lilge
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Re: Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

Beitrag von Stefan_Lilge »

Kevin1911 hat geschrieben: 11.04.2021, 10:48 Hallo Zusammen,

ich habe jetzt mit 3 verschiedenen Dark Serien die Standardabweichung überprüft. Bei allen Einzel-Darks hab ich eine Standardabweichung von ca. 7-8 was bei meiner 14 Bit Kamera (ZWO ASI 071 MC Pro) dann einen ADU von grade einmal ca. 125 bedeutet. (Die Einzeldarks haben eine Std. Abw. von ca. 26 bevor ich das Master abziehe)

Kann das stimmen oder mache ich da was falsch?
Bel. 300s
-10°C bzw. -15°C (je nach Serie)
Gain 50 bzw. 60

Und danke für das Video, das hatte ich auch schon gesehen und anfangs auch genau so gemacht :) Hier wird aber nur mit 16Bit gerechnet und Daniel spricht leider nicht über die Umrechnung auf andere Bit Werte

Wünsche allen einen schönen Sonntag!
CS
Kevin
Hallo Kevin,

ich war mit Daniel die Berechnung für seine QHY268c durchgegangen, die hat 16 Bit, so dass sich das Problem mit der Bittiefe nicht stellte...

Zur Plausibilisierung: Laut Datenblatt hat die ASI071 bei Gain 50 ein Ausleserauschen von knapp 2,8 e- und einen Gain von ca. 1,5 e-/ADU, man braucht also 1,5 Elektronen, um eine ADU zu erzeugen. Vom Ausleserauschen her (ohne Dunkelstromrauschen) sollte die Standardabweichung also (ohne Berücksichtigung der Bittiefe) bei 2,8/1,5=1,87 liegen. Wenn man die Skalierung der Bittiefe berücksichtigt kommt man also auf eine "theoretisch zu erwartende" Standardabweichung von 4*1,87=7,47. Das passt also durchaus zu deinen Messwerten. Ich hätte etwas höhere Werte erwartet (vielleicht so ca.10), weil ja auch noch Rauschanteile außerhalb des Ausleserauschens dazu kommen, aber so ungefähr passt das schon.
Da du mit einem Gain unterhalb Unity Gain fotografierst, sehen die ADU-Werte ja auch immer geringer aus als bei hohem Gain. Bei einer modernen Kamera mit wenig Ausleserauschen brauchst du tatsächlich nicht viele ADU Hintergrund um hintergrundlimitiert zu sein. Bei starker Lichtverschmutzung und halbwegs schnellem Teleskop kann man schon mit sehr kurzen Belichtungszeiten (10-20 Sekunden) hintergrundlimitiert sein. Auch in dieser Situation (die ich hier in Berlin habe) belichte ich aber meist fünf Minuten, weil ich keine Lust auf die mit kurzen Belichtungen verbundenen Datenmengen habe.
Wenn du unter wirklich dunklem Himmel fotografierst oder Schmalband machst, wirst du aber feststellen, dass fünf Minuten dann oft schon nicht mehr hintergrundlimitiert sind.
Viele Grüße
Stefan
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Re: Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

Beitrag von steinplanet »

Hallo zusammen,

@Achim
Danke für den Anstoß zu diesem sehr interessanten Thema :thumbsup:

@Stefan
Durch Deine sehr ausfühliche Erklärung hat sich für mich nun wie ein Schleier aufgetan und ich verstehe endlich diesen Begriff :danke:
Das ganze ist so interessant, dass ich gleich mal meine letzten Aufnahmen daraufhin analysiert habe. Ich musste feststellen, dass ich trotz mondloser Nacht mit 120 sec Belichtung schon einen 3x höheren Mittelwert über der Hintergrundlimitierung hatte. Unity Gain ist also definitiv für Galaxienfotos von meinem Standort aus zu viel. Da muss ich deutlich absenken, da ich keine Lust habe auf 15 sec. Fotos und den damit verbundenen Datenberg.
Klaren Himmel und Grüße aus dem Saarland

Bild Willi
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Re: Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

Beitrag von steinplanet »

Nochmal ich

Um den Galaxienkern von M51 nicht ausbrennen zu lassen, hatte ich noch einen große Serie von 10 sec Aufnahmen gemacht. Die hatte ich gerade mal überprüft umd musste feststellen, dass ich fast schon Hintergrundlimitiert bin :? . Also hier wird es höchste Zeit in den Gain einzugreifen. Danke nochmals für den wichtigen Beitrag.
Klaren Himmel und Grüße aus dem Saarland

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Re: Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

Beitrag von Kevin1911 »

Hallo Stefan, na dann passt das ja doch alles bei mir. Dann weiß ich nun auch das ich unter meinem Dorfrand Himmel schon recht schnell limitiert bin. Ich werde sobald es endlich mal wieder geht auch mal mit weniger als 5 Minuten belichten.

Nochmal vielen Dank für all die Erklärungen und Mühe. Das bringt mich alles endlich einen riesen Schritt nach vorn! :)
Cs
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Re: Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

Beitrag von AchimL »

Hallo zusammen

Na, da habe ich ja damals was losgetreten, was heute immer noch Interessant zu seinen scheint....!!

Stefan hatte es damals ja schon erklärt, aber die erneute Erklärung macht es noch klarer, denke ich.

Vielen Dank Stefan.

@Willi: gern geschehen.... :)

Viele Grüße... AchimL
Frank
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Re: Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

Beitrag von Frank »

Hallo

Wenn ich das für meine Gx2-8300 mache habe Ich in den 20min Darks nach Masterdark Abzug ein Rauschen von 24ADU bei Gain 0,4E ADU, also gut 10 x3= 30 x30= 900
In den Aufnahmen von M78 Rotkanal mit dem F/6 erreicht der Hintergrund nur 760ADU, unter Anbetracht das dort im Endbild noch Nebel sichtbar wurden müssten die 20min gut unterbelichten sein?😖 :nixweiss:

Gruß Frank
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Re: Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

Beitrag von Stefan_Lilge »

Hallo allesamt,

freut mich, dass ich nicht der einzige bin, der sich für das Thema interessiert.
Um den Tod vieler unschuldiger Festplatten zu vermeiden möchte ich nur noch mal darauf hinweisen, dass es gut ist, wenn man hintergrundlimitiert ist. Die Feststellung, dass man mehrfach über der Hintergrundlimitierung liegt, ist also kein Grund, künftig kürzer zu belichten. Man kann dann kürzer belichten, das bringt aber keine Vorteile (außer dass einem helle Sterne nicht so stark ausbrennen, aber das ist mir persönlich egal).

Ich selber belichte selbst in Berlin mit der ASI2600MC im höchsten Gain (100) mit 5 Minuten, obwohl ich auch viel kürzer mit Gain 0 belichten könnte.
Viele Grüße
Stefan
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Re: Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

Beitrag von Stefan_Lilge »

Frank hat geschrieben: 11.04.2021, 18:08 Hallo

Wenn ich das für meine Gx2-8300 mache habe Ich in den 20min Darks nach Masterdark Abzug ein Rauschen von 24ADU bei Gain 0,4E ADU, also gut 10 x3= 30 x30= 900
In den Aufnahmen von M78 Rotkanal mit dem F/6 erreicht der Hintergrund nur 760ADU, unter Anbetracht das dort im Endbild noch Nebel sichtbar wurden müssten die 20min gut unterbelichten sein?😖 :nixweiss:

Gruß Frank
Hallo Frank,

mit dem guten alten 8300er Chip kann es durchaus sein, dass du bei Landhimmel in den Farbkanälen nicht "perfekt" hintergrundlimitiert bist. Wobei wie gesagt das "3x" Kriterium auch ziemlich streng ist, "2x" reicht zur Not auch.
Mit dem KAF 8300 bei Schmalband hintergrundlimitiert zu sein ist selbst in Berlin nahezu unmöglich. Deswegen gibt/gab es auch Leute, die ihre Schmalbandbilder mit einstündigen Einzelbelichtungen gemacht haben.
Ist aber wie gesagt alles nicht so tragisch, solange man nicht allzu weit unter der Hintergrundlimitierung liegt...

Mit einem modernen CMOS-Chip reicht im Zweifel ca. 1/10tel der Einzelbelichtungszeit (irgendwann hatte ich das mal genau ausgerechnet...) aus, die man mit einem KAF 8300 braucht. Das heißt wie gesagt nicht, dass die Bilder mit dem KAF 8300 schlechter werden, solange man mit dem lang genug belichtet. Mit deinen 20-Minütigen Einzelbelichtungen bist du da ja vorbildlich.
Viele Grüße
Stefan
Frank
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Re: Hintergrundlimitiert ... Was und Wann?

Beitrag von Frank »

Hallo Stefan

Ja die CMOS sind neuerdings rauschärmer
Das war jetzt die mindest nötige Zeit Einzelbeleichtung
Letztlich bestimmt die Quanteneffizenz die Gesamtbelichtungszeit... Da ist der 8300er leider auch nicht doll

Gruß Frank
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