Hallo Achim,
AchimL hat geschrieben: ↑29.06.2017, 20:46
Des Öfteren habe ich von "Hintergrundlimitiert" gelesen.
Nun, ich stelle mir darunter vor, das ab einer gewissen Belichtungszeit lediglich der Himmelshintergrund aufgehellt wird, und dadurch kein weiteres Nutzsignal des fotografierten Objektes erreicht wird. Dies sogar dadurch schlechter wird.
es ist so ziemlich genau anders herum als du es beschrieben hast ;-)
"Hintergrundlimitiert" nennt man es, wenn der Bildhintergrund so hell ist, dass das Kamerarauschen (Ausleserauschen, Dunkelstromrauschen) im Vergleich zum Photonenrauschen des Hintergrundes vernachlässigbar klein wird.
Wenn man von "hintergrundlimitiert" spricht, unterhält man sich also darüber, ob die Einzelbelichtungen lange genug waren, um aus der Gesamtbelichtungszeit das optimale Signal/Rauschverhältnis herauszuholen. Wenn man z.B. zehn hintergrundlimitierte Einzelbilder zu je fünf Minuten hat, ist deren Summenbild vom Signal/Rauschverhältnis her vergleichbar mit einer einzelnen Belichtung von 50 Minuten Dauer. Wenn die zehn Einzelbilder nicht hintergrundlimitiert waren, kann es z.B. sein, dass das Summenbild nur ein Signal/Rauschverhältnis hat, das einer 30-minütigen oder noch kürzeren Einzelbelichtung entspricht.
Es gibt keine verbindliche Definition dafür, wann das Kamerarauschen gegenüber dem Photonenrauschen vernachlässigbar klein wird, aber Mischa Schirmer hat einmal in einem Forum als denkbare Definition genannt, dass das Photonenrauschen mindestens drei mal größer sein muss als das Kamerarauschen.
Wann das der Fall ist, kann man am Histogramm alleine nicht ablesen, weil man dem Histogramm nicht ansieht, wie hoch das Rauschen ist und schon gar nicht, wie hoch der Anteil des Kamerarauschens am Gesamtrauschen ist. Es ist aber sicher ein gutes Zeichen, wenn der Histogrammberg deutlich vom linken Bildrand losgelöst ist.
Wenn du berechnen willst, wann du hintergrundlimitiert bist, musst du wissen, wie hoch das Ausleserauschen und Dunkelstromrauschen deiner Kamera ist. Das kannst du ermitteln, indem du eine Reihe (z.B. 20) Darks mit den Einstellungen und bei der Temperatur aufnimmst, die du auch für die "richtigen" Bilder verwenden willst. Aus den Darks bildest du durch Mitteln ein Masterdark. Dieses Masterdark subtrahierst du dann von einem der einzelnen Darks und misst von dem Ergebnisbild die Standardabweichung (die kann jede astronomische Bildverarbeitung in der Bildstatistik anzeigen). Falls deine Bildbearbeitungssoftware nicht mit negativen Werten umgehen kann, solltest du vor der Subtraktion vorsichtshalber dem einzelnen Dark eine Konstante (z.B. 500) hinzuaddieren, damit nichts von dem Rauschen abgeschnitten wird.
Damit hast du das Kamerarauschen für ein bestimmtes Szenario (also z.B. für 5 Minuten-Belichtungen bei ISO 800 und 15 Grad). Der Wert für das Rauschen hat erstmal keine bestimmte Einheit. Üblicherweise bezeichnet man solche einheitslosen Helligkeitswerte als ADU (analog-digital-unit).
Diesen ADU-Wert musst du dann in Elektronen umrechnen, was voraussetzt, dass du den Gain der Kamera kennst. Wie man den Gain misst ist für CCD-Kameras z.B. hier beschrieben:
https://www.cloudynights.com/articles/c ... mera-r1929
Bei DSLRs kann das schwieriger sein, weil die ja nie die echten Daten ausspucken, sondern immer nur ein vorverarbeitetes Bild.
Die Umrechnung mit dem Gain kannst du dir sparen, wenn du bei Unity Gain/Unity ISO fotografierst, wenn also 1 Elektron = 1 ISO ergibt. Wo Unity ISO liegt, ist für einige Kameramodelle auf dieser Seite angegeben (die Werte sind mit einer gewissen Unsicherheit behaftet):
http://www.photonstophotos.net/Charts/S ... istics.htm
Du könntest also für deine Kamera den Wert von Unity ISO nehmen (oder einen, der möglichst nah dran ist) und die oben beschriebene Berechnung ohne Berücksichtigung des Gain durchführen. Das gibt dir zumindest ein Gefühl dafür, in welcher Größenordnung die Einzelbelichtungen liegen sollten.
Wenn nun das Rauschen des Hintergrundes drei mal höher sein soll als das Kamerarauschen, muss das Kamerarauschen (die oben gemessene, in Elektronen umgerechnete Standardabweichung) mit drei multipliziert und dann zum Quadrat genommen werden (denn das Photonenrauschen des Hintergrundes ist die Wurzel aus der Helligkeit des Hintergrundes). Dieser Wert ist dann derjenige Hintergrundwert (nach Umrechnung in Elektronen), den deine Bilder nach Abzug eines Darks im Idealfall mindestens haben sollten (mehr schadet nicht).
Als Beispiel: Wenn du als Standardabweichung nach Subtraktion des Masterdarks von einem einzelnen Dark einen Wert von 10 Elektronen erhältst, muss das Photonenrauschen des Hintergrundes mindestens 30 Elektronen betragen. Damit muss der Hintergrund mindestens 30 zum Quadrat = 900 Elektronen hell sein. Wenn du also in den Lights einen geringeren Hintergrund hast, solltest du die Einzelbelichtungszeiten erhöhen. Wenn du darüber liegst, kannst du es so lassen oder die Einzelbelichtungszeit verringern, ohne dass das Gesamtergebnis schlechter wird (gleiche Gesamtbelichtungszeit natürlich vorausgesetzt).
Man muss auch darauf achten, dass die Kamera oder die Software die ausgelesene Bittiefe nicht irgendwie auf mehr Bit hochskaliert. Wenn du also eine Kamera hast, die Bilder mit 14 Bit Tiefe ausliest, die Bildverarbeitung dir aber anzeigt, dass die hellsten Pixel nicht einen Maximalwert von 16384 haben, sondern 65536, dann skaliert die Software die Bilder irgendwie hoch und du musst jeweils vor irgendwelchen Quadraten oder Wurzeln das ermittelte Rauschen durch vier teilen oder mit vier multiplizieren, um die Skalierung durch Kamera/Software rückgängig zu machen.
Hinweis: Man braucht die Astrofotografie nicht gleich aufzugeben, nur weil man es nicht schafft, hintergrundlimitiert zu sein. Wer z.B. mit einer Kamera mit Kadak/Truesense/ON Semiconductor Chip (also z.B. mit dem bekannten KAF8300) Schmalbandfotografie betreibt und nicht ein sehr schnelles Teleskop (z.B. f/4 o.ä.) oder sehr hellen Himmel hat, wird in der Regel nicht hintergrundlimitiert sein (es sei denn er macht einstündige Einzelbelichtungen). Gleiches gilt für eine ungekühlte DSLR in einer warmen Sommernacht. Trotzdem kann man unter diesen Voraussetzungen hervorragende Bilder machen, halt nur nicht ganz so gut wie sie wären, wenn sie hintergrundlimitiert wären.