iOptron HEM27 Test und erste Bilder

Montierungen und Steuerungen
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christianhanke
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iOptron HEM27 Test und erste Bilder

Beitrag von christianhanke »

Hallo,

vor kurzem hat sich trotz gegenteiliger Meteo-Blue-Voraussage doch ein astronomisches Fenster mit passabler Durchsicht ergeben. Die Seeing-Voraussage lag bei 1.5 Bogensekunden. Die Gelegenheit habe ich zu weiteren Tests und einer ersten Sternenaufnahmen genutzt. Als Equipment kam das 900/200mm-Newton mit der ASI 1600 MCC als Aufnahmeteleskop zum Einsatz. Für das Autoguiding mit PHD nutzte ich den TS-APO (f=317 mm) mit der ASI120MM. Auf der Querschiene ist noch eine DMK-Kamera mit 50 mm-Objektiv als elektronischer Sucher montiert. Das Gesamtgewicht liegt bei 15.7 kg. Zur Reduzierung der Belastung für die RA-Achse dient ein 5 kg-Gegengewicht. Die Polausrichtung war laut Driftanalyse von PHD mit 4.1 Bogenminuten nahezu perfekt.
Als erstes habe ich mich nochmals der Bestimmung des periodischen Fehlers gewidmet. Dazu habe ich den hellen Stern Beta Gemini nahe dem Meridian mit kurzer Belichtungszeit (0.1 s) 72 mal im Abstand von 10 s aufgenommen. Die Gesamtbelichtungszeit von 12 Minuten entspricht dann zwei Perioden a 360 s, wie sie im Datenblatt angegeben ist. Die Bilderserien einmal mit und einmal ohne Autoguiding habe ich dann ohne Verschiebung gestackt. Der Vergleich der beiden Sternspuren ist hier zu sehen.



Bei der Sternspur ohne Autoguidung sieht man eine starke Drift in RA mit einer überlagerten Oszillation. Mit den Verschiebungsdaten aus Fitswork wurden dann die folgenden Diagramme erstellt.



Im oberen Diagramm ist die RA-Drift dargestellt. Bei der unteren Darstellung ist die lineare Drift herausgerechnet und aus der Oszillation lässt sich der periodische Fehler abschätzen. Die Periode entspricht etwa der Datenblattangabe und die Amplitude liegt im Bereich von < +- 20 Bogensekunden. Das sind Werte, wie sie für die ähnliche Montierung ASI AM5 kommuniziert werden. iOptron veröffentlicht keine entsprechenden Werte. Vielleicht verwenden sie beide die gleichen Getriebe.

Woher kommt aber die lineare Drift? Ich vermute, dass es zu einer leichten Bewegung des Stativs kommt. Die RA-Achse ist ja nicht austariert und der Schwerpunkt liegt bei meiner Bestückung ca. 10 cm vom RA-Drehpunkt entfernt. Durch die Drehung rotiert der Schwerpunkt und führt zu einer unterschiedlichen Belastung der Stativbeine. Diese haben relativ weiche Gummifüße, vermutlich auch zur Vibrationsisolation, die sich dann unterschiedlich verformen können. Man kann die Gummifüße durch Stahldorne ersetzen, was möglicherweise diesen Effekt verhindert.

Auch mit Autoguiding ergibt sich keine scharfe Abbildung. Die Driftverschiebung liegt bei ca. 8 Bogensekunden in 12 Minuten und ist vermutlich durch Leitrohrshifting oder Spiegelverkippung verursacht. Bei meinen Verhältnissen belichte ich aber entweder 2 oder maximal 4 Minuten, wodurch der Effekt sich deutlich verringert. Durch Off-Axis-Guiding sollte dieser Effekt aber komplett wegfallen. Man muss sich auch mal die Größenordnung von 1 Bogensekunde veranschaulichen. Eine Scheibe mit 5 mm Durchmesser erscheint in 1000 m unter diesem Winkel!

Das waren jetzt eher grundsätzliche Untersuchungen. Im Endeffekt kommt es aber darauf an, wie sich das alles auf die Sternenabbildung im Bild auswirkt. Dazu habe ich 30 Aufnahmen mit einer Belichtungszeit von 120 s von der Umgebung von M95 und M96 gemacht. Das Autoguiding lief mit einer Belichtungszeit von 1 s. Die Bilder wurden mit DSS gestackt und die weitere Bildbearbeitung umfasst nur eine Streckung und eine Hintergrundreduktion. Da das Entrauschen mit Topaz-Denoise immer auch eine Schärfung beinhaltet, habe ich darauf verzichtet, um allein die Sternenabbildung zu beurteilen. Hier nun das Bild mit einer 3x-Ausschnittsvergrößerung, die doch eine gute Sternenabbildung zeigt.



Das PHD-Guidingprotokoll ist hier zu sehen.



Der gesamte Guidingfehler lag bei 1 Bogensekunde, was ungefähr einem Pixel bei der Newtonaufnahme entspricht. Da spielt sicher auch das Seeing eine Rolle. Deutlich kleinere Guidingfehler wirken sich sicher aber nur marginal aus. Die Datenanalyse mittels der Rückrechnung der Guidingbefehle zeigt einen Fehler von < +- 12 Bogensekunden in RA.



Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Eigenschaften der Montierung auch bei einer Belastung von über 15 kg meinen Erwartungen entsprechen. Sie eignet sich nicht für Aufnahmen mit langen Belichtungszeiten ohne Autoguiding. Dazu müsste man wohl zur deutlich teureren Variante mit Encodern greifen. Das wird aber auch bei der Beschreibung von iOptron so kommuniziert und ich setze für Langzeitaufnahmen immer Autoguiding (Leitrohr oder OAG) ein.

Zum Schluss noch eine Zugabe. Die Aufnahme eines aktuellen Sonnenflecks wurde mit einem 1000mm Bresser-Refraktor mit eingeschobener Coronado-PST-Einheit und der ASI120MM gemacht.



Gruß und CS

Christian
Frank
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Re: iOptron HEM27 Test und erste Bilder

Beitrag von Frank »

Hallo Christian

Ich belichten nie unter 10min🙄
Da shiften nicht die Rohre gegeneinander, das schafft der Newton allein, da hilft nur OAG
Die Verkippung durch ungleichgewicht ist so langsam das es ausvuidbar wäre.

Gruß Frank
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Stefan_Lilge
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Re: iOptron HEM27 Test und erste Bilder

Beitrag von Stefan_Lilge »

Hallo Christian,

interessanter Bericht, viele Dank.

Hätte nicht gedacht, dass die kleine Montierung so viel Gewicht so gut bewältigt. Mein 10" Meade ACF wiegt mit Kamera 15kg, auch mit der Nyx setze ich da ein Gegengewicht ein, obwohl die ja theoretisch 20kg ohne Gegengewicht schaffen soll. Aber ohne Gegengewicht bräuchte man ein superstabiles Stativ, damit es nicht doch mal umkippt. Viel mehr als 15kg würde ich auf die Nyx auch nicht setzen (wobei sie die 15kg mühelos herumschwenkt), meinen 11" RASA mit seinen ohne Kamera 20kg werde ich der Nyx nicht zumuten.

Ich glaube auch nicht dass die Drift mit Autoguider am Stativ liegt, üblicherweise ist das Leitrohr-Shifting. Wobei, wie Frank schon schrieb, man sich nie sicher sein kann, was da nun genau shiftet. Als ich noch ein Meade LX200 SCT mit Leitrohr nachgeführt habe, hatte ich trotz guter Autoguider-Statistik auch immer lange Striche (bzw. meist Bögen) in den Sternen, wenn ich die Einzelbilder ohne Registrierung gemittelt habe. Mit Off-Axis-Guider gab es dann keine Probleme mehr.
Meine beiden GSO-RCs (8" und 6", der 6" ist inzwischen verkauft) sind/waren vom Spiegelshifting her auch nicht besser als das SCT, auch da geht "ernsthaft" nur ein OAG. Mit Leitrohr (Sucher-Guider) führe ich jetzt nur noch Refraktoren nach, und auch da mache ich ungern Einzelbelichtungen die länger als fünf Minuten sind. Sonst kann es auch da Leitrohr-Shifting geben.

Die Größe deines PE sieht nach wie vor sehr gut aus. Irgendwann müsste ich den PE der Nyx auch mal messen, bin mir aber ziemlich sicher, dass der größer ist als die auch dort (wie bei der ZWO AM5) spezifizierten +/-20 Bogensekunden. Der Guiding-Assistent von PHD2 hatte mal 80 Bogensekunden ausgespuckt, aber das war einschließlich Drift bei ungenauer Polausrichtung, also nicht wirklich aussagekräftig.
Ist mir aber eigentlich auch egal solange ich bei 2 Metern Brennweite runde gut definierte Sterne bekomme :-)

Und bevor ich den PE der Montierung teste ist erstmal ein Test der Abbildungsqualität meines neuen TS 100q Apos dran ;-)
Der bildet mit der Nyx ein wunderbar leichtes und trotzdem (hoffentlich) halbwegs leistungsfähiges Setup.
Viele Grüße
Stefan
christianhanke
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Re: iOptron HEM27 Test und erste Bilder

Beitrag von christianhanke »

Hallo Stefan,

da bin ich ja mal gespannt, was dein neues Equipment (APO und Montierung) so zu leisten imstande ist.

Der Erklärungsversuch mit der Stativbewegung bezog sich auf den Test ohne Auotoguiding.
Bei einem Test in der Sky&Telescope von der HEM 27 wurde auf ein solche Veränderung durch das Stativ hingewiesen, da sich beim Wechsel der Teleskope mit unterschiedlichem Gewicht die Poljustierung verändert hat.
In der Zeitschrift wurde auch die Sharpstar Mark III Montierung mit Harmonic Drive getestet. Der Wert für PE wurde zu 119 arcsec peak-to-peak bestimmt. Das Autoguiding kann aber auch das perfekt ausgleichen.

Ich hatte mir mal eine Vorrichtung (Moving Star) gebaut, bei der sich ein weißer Punkt als Sternenersatz langsam bewegt. Für eine absolut ruhige Bewegung läuft eine Glasfaser mit dem Punkt senkrecht durch zwei Führungshülsen. Die Geschwindigkeit wird über einen Schrittmotor gesteuert. Durch die Telekopentfernung und die Geschwindigkeit lässt sich die siderale Rate simulieren. So werde ich mal versuchen, die Eigenschaften der RA-Bewegung und den PE der HEM27 im "Kellerlabor" ohne Seeingeinflüsse zu ermitteln. Bei Gelegenheit zeige dann den Aufbau und die Ergebnisse.
Das ganze ist aber eher von akademischen Interesse.

Gruß und CS

Christian
christianhanke
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Re: iOptron HEM27 Test und erste Bilder

Beitrag von christianhanke »

Hallo,

kürzlich konnte ich eine kurze wolkenfreie Phase nutzen, um einen weiteren Test mit der HEM27 mit gleicher Bestückung und Last durchzuführen.
Geändert habe ich folgendes:
Stahlspikes anstelle der Gummifüße zur stabileren Aufstellung des Stativs
OAG mit dem 900/200mm-Newton anstelle des Leitrohrguidings mit dem APO

Das Seeing war leider nicht besonders gut. Der Guidingfehler lag bei 1.24 Bogensekunden.

Die Bilder mit und ohne Guiding wurden ohne Verschiebung in Fitswork gestackt.



Ohne Guiding zeigt sich wieder eine Drift in RA. Die Drift in DEC ist vernachlässigbar und zeigt die gute Polausrichtung.

Aus den Verschiebungskoordinaten lässt sich die RA-Drift rekonstruieren.



Die lineare Drift ist deutlich geringer als beim ersten Test. Über den wahren Grund der linearen Drift kann ich nur spekulieren.
Wird diese Drift herausgerechnet kann man den periodischen Fehler von +- 15° ermitteln.

Mit OA-Guiding ist die Teststernabbildung deutlich besser als im ersten Test mit Leitrohrguiding.
Beim Stacking mit der Max-Option wird die Sternenabbildung deutlich durch den Seeingeinfluss aufgebläht.

Leider hat sich der Himmel dann bewälkt, sodass ich kein weiteres Objekt über längere Zeit aufnehmen konnte.
Damit lass ich es dann aber mit weiteren Montierungstests.

Gruß und CS

Christian
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